Offenbach Post vom 16.08.2023
Ludwigsburger Blechbläser-Quintett kunstvoll und unterhaltsam im Konventgarten
VON KLAUS ACKERMANN
Seligenstadt - Seit 38 Jahren ist das Ludwigsburger Blechbläser-Quintett in Sachen anspruchsvoller Blasmusik weltweit unterwegs und auch in Seligenstadt wohlgelitten. Hatte sich doch beim Klosterkonzert im Konventgarten ein zahlreiches Publikum eingefunden, dass ein "Best- of“-Programm zwischen Bach und Blues begeistert feierte.
Schon beim Auftritt der fünf Schwaben im tadellosen Smoking mit Schärpe, die man gemeinhin auch Kum merbund nennt, geht ein Raunen durchs Auditorium. Stehend vor der erhabenen Klosterkulisse die Fanfare zu "La Peri" von Paul Dukas abziehend, machen die fünf Schwaben auch musikalisch auf Anhieb eine gute Figur. Eilt doch diese Intrade des französischen Komponisten abseits üblichen Dreiklang- Geschmetters lustvoll durch die klangliche Botanik zwischen Dur und Moll.
Folgt ein Ausflug in die frühe Mehrstimmigkeit der blitzsauber aufspielenden Sebastian Krystek, Hubertus von Stackelberg (Trompeten), Harald Domes (Horn), Michael Peuser (Posaune) und Felix Langmaier (Tuba), bei denen ganz selten mal ein Tönchen verrutscht, Der Venezianer Gabrieli, Claudio Monteverdi, der die frühe Oper entwickelt hat, und der aus. Halle stammende Samuel Scheidt kommen hier zu wohltemperiertem, stimmlich fein austariertem Bläserton. Und zeigen in leicht fugierten Passagen, liedhaften Wendungen sowie Takt- und Tempowechseln durchweg eigenen kompositorischen Charakter.
Das zielt auf den barocken Übervater J. S. Bach und eine vom Ensemble aus dessen Werken zusammengestellte Suite, was legitim ist. Hat doch der bei den zahlreichen kirchlichen Festen unter Pro duktionszwang stehende Bach selbst gelegentlich Werksideen mehrfach genutzt. Sauschwer ist das a-Moll- Violinkonzert auf der Bachtrompete zu spielen. Zum Mitsingen das berühmte, ausdrucksvoll dargebotene "Air", und mit Präludium und Fuge n c-Moll nähert sich das wunderbare Gebläse den Registerfarben der Orgel an. Auch Verdis Ouvertüre zu "Nabucco" ist, für die exzellenten Musiker kein Problem, gespenstisch die einleitenden Takte und ein Pilgerchor im gefühlvollen Blechbläser-Klang: Die Ludwigsburger können sogar Oper.
Ein Originalwerk für Bläserquintett sind die „Trois Pastels sur la Belle Epoque" des zeitgenössischen Solotrompeters Jean-François Michel. Und in einer klanglich wilden Straßenszene, einem heißen Flirt und dem unvermeidlichen Cancan bieten die Schwaben ihr grandioses Können in herrlich ironisch anmutenden Momentaufnahmen auf, gleichermaßen Überleitung in den unterhaltsamen Konzertteil.
Unverwüstlich scheint die Rossini-Ouvertüre zu "Wilhelm Tell", einmal mehr auf Blechbläserglanz poliert: Leichte Muse kann instrumental verdammt schwer sein. Das unterstreichen auch die „Sea Sketches" des britischen Multiinstrumentalisten lan MacDonald.
Beim Spiritual-Teil, mit viel Akkord-Pfeffer angereichert und jazzig angerissen, wird die tieftönende Tuba zum Melodieinstrument: "Nobody knows the trouble I·have seen". Zünftiger Swing ist Trumpf bei Ellingtons ,,1 don't mean a thing", zu den Kabinettstücken des Allstar- Ensembles gehören noch die Morricone-Arie aus dem Film "Cinema Paradiso" und Irving Berlins „Puttin on the Ritz", bei dem die "Wah Wah Dämpfer" für satte Klangeffekte sorgen. Final wird's sogar familiär. Beim "Happy Birthday" für Helga Preuschoff, gute Seele der Klosterkonzerte, haben alle mitgesungen.